„Ich sehe nur, was ich glaube.“

Wir alle kennen den Spruch «Ich glaube nur, was ich sehe» und haben ihn in Diskussionen vermutlich selbst schon oft verwendet, vielleicht ohne jemals ernsthaft seine Gültigkeit hinterfragt und überprüft zu haben. Denn wenn wir gründlich über die Aussage dieses Spruchs nachdenken, werden wir erkennen, dass es sich genau genommen gerade umgekehrt verhält. Nämlich: «Ich sehe nur, was ich glaube.»

Das heißt: Von der ganzen unendlichen Wirklichkeit und Vielfalt der Natur und des Kosmos bin ich als einzelner Mensch lediglich imstande, jenen begrenzten Ausschnitt wahrzunehmen, dem ich im Rahmen meines aktuellen Weltbildes, meines momentanen «Glaubens» oder «Wissens» zumindest theoretisch eine Existenzmöglichkeit einräume. Alles andere werde ichausblenden, also gar nicht sehen können. Mein Weltbild ist gleichsam die «Brille», durch welche hindurch ich in die Realität wahrnehme und welche je nach ihrer Beschaffenheit und Färbung einzelne Teilaspekte der umfassenden Realität entweder hervorhebt oder ausfiltert oder aber verzerrt darstellt. Anders ausgedrückt: Wenn ich an irgendetwas nicht glaube oder nichtglauben will, wenn irgendetwas für mich a priori «nicht wahr» ist, dann wird es sich zwangsläufig auch meiner sinnlichen und mentalen Wahrnehmungskraft entziehen. Es wird für mich buchstäblich unsichtbar bleiben. So werde ich immer nur das sehen, hören, riechen, schmecken und ertasten, aber auch empfinden, analysieren und erkennen können, woran ich gegenwärtig zu glauben bereit bin, da es in meinem aktuellen Weltbild Platz findet.

Diese Tatsache hat weitreichende Konsequenzen für unser gesamtes menschliches Wahrnehmen und Erleben, für unser Denken, Fühlen, Sprechen und Handeln.

18. Dezember 2018 |