Der wissenschaftlichen Forschung ist es bis heute nicht gelungen, die genaue Herkunft und insbesondere auch die individuelle Komplexität der menschlichen Fingerabdruckmuster schlüssig zu erklären. Offensichtlich stößt man dabei immer wieder an die Grenzen des naturwissenschaftlich Erforschbaren. Aus medizinischer Sicht sind die Strukturen eines Fingerabdrucks nur zum Teil genetisch festgelegt. Diese Erkenntnisse wurden vor allem in der Erforschung von eineiigen Zwillingen gewonnen, deren Fingerabdrücke sich eindeutig unterscheiden, während ihr DNA-Profil, also ihr sogenannter «genetischer Fingerabdruck»* absolut identisch ist.
Der namhafte österreichische Genetiker Markus Hengstschläger (*1968) ist Leiter des Instituts für Medizinische Genetik der Universität Wien und Autor zahlreicher Fachbücher. Unter anderem ist er auch für seine Innovationen im Bereich der pränatalen und postnatalen genetischen Diagnostik bekannt. Er meint hierzu in einem Interview:
«Der genetische Fingerabdruck ist bei eineiigen Zwillingen gleich. Aber der herkömmliche Fingerabdruck ist unterschiedlich. Der alte Fingerabdruck schlägt den neueren, genetischen Fingerabdruck. Leider, zu meinem tiefen Bedauern. […]
Offensichtlich ist ja fast ein bisschen ein Druck drauf, damit ja nicht zwei Menschen auf die Welt kommen mit den gleichen Mustern. Es kann ja wohl nicht so sein, wer immer sich das auch ausgedacht haben mag, zum Zwecke der Identifikation im Fall einer kriminellen Handlung. So kann es ja wohl nicht sein. Das heißt, es ist nicht klar, warum das so individuell sein muss. […]
Jetzt ist das die belastbarste Stelle des menschlichen Körpers und gleichzeitig die Stelle, wo wir am meisten Tastkontakt mit der Umwelt haben – eine Stelle, sensibel und voll von Rezeptoren, die dieses Tasten in Richtung unseres Gehirns übertragen. Aber bei beiden Funktionen, die Handflächen und Fußflächen über- nehmen, ist mir nicht ganz klar, warum es sich die Evolution geleistet hat, jedem einen individuellen Fingerabdruck zu geben, ohne irgendeinen Sinn. Oder ist das alles Zufall?»*
An genau diese Frage knüpft die Psychologische Handanalyse mit ihrem philosophischen Ansatz an: Ist das alles wirklich bloß ein rätselhafter, unerklärlicher Zufall, eine sinnlose Laune der Natur?
Wir meinen nein. Wer immer sich das ausgedacht haben mag, dass ja nicht zwei Menschen mit den gleichen Fingerabdrücken auf die Welt kommen mögen – er wird sich dabei etwas gedacht haben. Diesem Mysterium liegt wohl in der Tat ein tieferer Sinn zugrunde, und neugierige und nachdenkliche Menschen wie ernsthafte Philosophen und Naturwissenschaftler sind aufgefordert, diesen tieferen Sinn zu suchen und zu ergründen.
* [Aus Wikipedia:] Als genetischer Fingerabdruck wird ein DNA-Profil eines Individuums bezeichnet, das für dieses in hohem Maße charakteristisch ist. Die DNA wird aus Zellen gewonnen, die aus Gewebeteilen oder Sekreten, zum Beispiel Sperma, Hautzellen oder Speichel stammen. Das Verfahren wird in der Molekularbiologie auch als «Genetic Fingerprinting» oder «DNA Fingerprinting» bezeichnet. Alec Jeffreys war 1984 durch Zufall auf das Verfahren gestoßen. In Deutschland wurde es erstmals 1988, als Beweis in einem Strafprozess, vor Gericht anerkannt.
* Zitate von Markus Hengstschläger aus: http://tv.orf.at/groups/magazin/pool/newtonfingerabdruck
17. Juni 2020 | Allgemein