Begriffsdefinitionen: Chirologie / Chirognomie, Chiromantie, Chirosophie

Die Beschäftigung mit dem Handlesen wird in der Fachliteratur uneinheitlich mit unterschiedlichen Begriffen beschrieben, meistens entweder als Chirologie oder als Chiromantie/Chiromantik, seltener auch als Chirognomie oder Chirosophie.

Im System der Psychologischen Handanalyse differenzieren wir diese verschiedenen Fachbegriffe nach inhaltlichen Kriterien, um auf diese Weise zugleich auch die verschiedenen Ansatzpunkte und Aspekte des Handlesens zu beleuchten. Wir folgen dabei der Tradition der altindischen, vedischen Wissenschaften, die allesamt auf drei grundlegenden Säulen fußen, nämlich:

1.) Wissen («Kopf»)

2.) Kunst und Inspiration («Herz»)

3.) Tiefe innere Einsicht und Weisheit («Seele»)

Dieses Dreisäulen-Prinzip gilt in der vedischen Tradition nicht nur für das Handlesen (das dort Hasta-sāmudrika genannt wird), sondern für jede Wissenschaft, wie etwa auch für verwandte vedische Wissenschaften wie Āyurveda (Medizin, Heilkunde und Ernährungslehre), Jyotiṣa (Astronomie und Astrologie) oder Vāstu (Architektur und Lehre des richtigen Wohnens).

In der Psychologischen Handanalyse unterscheiden wir diese drei Säulen wie folgt:

Chirologie [< altgriech. cheír = «Hand» sowie lógos = «verstandesmäßiges, logisches Erkennen»] und Chirognomie [< altgriech. cheír = «Hand» sowie gnómé = «vernünftige Erkenntnis»] sind in unserem Kontext gleichbedeutend. Beide Begriffe benennen den eher wissenschaftlichen, rationalen Ansatz des Handlesens. Hier geht es in erster Linie darum, sich zunächst eine umfassende, schlüssige «Datenbank» an chirologischem Fachwissen über die zahlreichen Aspekte des Handlesens anzueignen, dann den diagnostischen und therapeutischen Wert der Deutung der Hände zu erkennen und diesen in der Psychologie und eventuell auch in der Medizin praktisch zu nutzen.= Die Wissenschaft des Handlesens («Kopf»)

Chiromantie [< altgriech. cheír = «Hand» sowie manteía = «inspiratives Erkennen, Zeichendeutung»] oder auch Chiromantik benennt den eher künstlerischen, intuitiven und/oder inspirativen Ansatz des Handlesens. Hier geht es in erster Linie darum, einzelne Aspekte und Zeichen in den Händen eines Menschen, die man rein rational auf der Grundlage des chirologischen Wissens in verschiedener Weise korrekt deuten und auslegen könnte, in der für den individuellen Kunden zum gegenwärtigen Zeitpunkt stimmigsten und passendsten Deutung sinnvoll miteinander zu verweben. Dabei baut der Handanalytiker zum einen auf sein angeeignetes chirologisches Wissen auf, öffnet zum anderen aber zusätzlich auch vertrauensvoll sein Herz für tiefere intuitive und höhere inspirative Quellen.*= Die Kunst des Handlesens («Herz»)

Chirosophie [< altgriech. cheír = «Hand» sowie sophía = «Weisheit, tiefere innere Erkenntnis»] benennt den eher philosophischen, ganzheitlichen Ansatz des Handlesens. Hier geht es in erster Linie darum zu erkennen, dass der Mensch im Universum kein isoliertes Wesen ist, sondern dass er als ein Teil des großen Ganzen eingebettet ist in ein kosmisches System geistiger Lebensgesetze und dass man aus den Händen eines Menschen dessen individuelle Art und Weise des kosmischen Verbundenseins entschlüsseln kann. Letztlich steht dahinter auch die tiefe Erkenntnis, dass in jedem Menschen und in jedem lebendigen Wesen eine ewige, unsterbliche Seele wohnt. Dies alles setzt voraus, dass der Handanalytiker auch persönlich darum bemüht ist, bewusst an der Festigung eines eigenen Weltbildes, am Finden eines gangbaren individuellen Erkenntnisweges, an der Veredelung des eigenen Charakters sowie an seiner inneren Einsicht und Weisheit zu arbeiten.= Die Weisheit des Handlesens («Seele»)

* In manchen zeitgenössischen Fachbüchern wird der Begriff Chiromantie insbesondere für das Lesen der Handlinien oder aber auch für die sogenannte «Wahrsagerei» verwendet. Zu letzterem sei uns an dieser Stelle folgende Anmerkung gestattet: Alle seriösen Handlese-Traditionen lehnen den Ansatz ab, mithilfe des Handlesens spekulative und deterministische Weissagungen über die Zukunft oder über das bevorstehende Schicksal eines Menschen zu machen (zuweilen wird dies auch abschätzig als «Zigeunerhandlesen» bezeichnet). Auch die Psychologische Handanalyse distanziert sich explizit von jeder Form von Weissagungen und Zukunftsdeutungen. Wenn wir den Begriff «Chiromantie» verwenden, verstehen wir ihn nicht im Sinne von Wahrsagerei, sondern im oben beschriebenen Sinne als intuitive bzw. inspirative «Kunst des Handlesens». 

Die Psychologische Handanalyse nach dem System Maiwald / Zürrer umfasst sämtliche genannten drei Säulen des Handlesens. Sie ist also je nach Situation sowohl eine rationale Wissenschaft als auch eine inspirative Kunst, als auch eine ganzheitliche Weisheitslehre. 

12. Juli 2018 |

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert